Freigeist,  Selbstliebe

Die perfekte Frau in unserer Gesellschaft – warum es sie nicht geben kann…

Beschreibung der perfekten Frau

(Vorsicht, der Text über die perfekte Frau kann Spuren von Ironie enthalten)

Die perfekte Frau
Bild von Sabrina B auf Pixabay

Ihr Start in den Tag:

Die perfekte Frau stellt sich den Wecker auf 4:15 Uhr, um morgens super ausgeschlafen (4 Stunden Schlaf reichen ihr voll und ganz) bei Tai Chi ihre innere Balance für den Tag zu erlangen.

Zum Frühstück gibt es für die ganze Familie selbstgemachte Smoothies aus regionalem Bio-Obst und fair gehandelten schwarzen Tee mit Sojamilch. Aus Rücksicht auf’s Tier lebt die perfekte Frau nämlich vegan. Die plastikfreien Bambusfrühstücksdosen für die Kinder beinhalten ausgestochene Sternenvollkornbrote (natürlich selbstgebacken) mit Cocktailtomaten aus dem eigenen biozertifizierten Garten.

Arbeit und KiTa:

Die Kinder werden mit dem Fahrrad ganz umweltfreundlich in die Wald-KiTa gebracht. Das ist auch gleich das tägliche Workout, auch wenn die perfekte Frau das nicht macht, weil sie muss, sondern weil sie es kann. Schließlich ist ihr After-Baby-Body jeweils direkt nach den Geburten der Kinder wieder völlig erschlankt und gestrafft. Zur Arbeit geht es dann ebenfalls klimafreundlich mit Bus und Bahn.

Sie hat einen Vollzeitjob und arbeitet täglich 10 Stunden (ohne Pause), denn als Hausfrau würde sie ja keinen Teil zur Gesellschaft beitragen und ihrem Mann auf der Tasche liegen. Da ihr Tag aber 36 Stunden hat – schließlich ist sie als perfekte Frau auch irgendwie eine Superwoman – hat sie immernoch genug Zeit, nachmittags ihre Kinder mit Liebe und Konsequenz selbst zu betreuen. Also nicht nur die perfekte Frau, sondern auch noch die perfekte Working Mum.

Abends kocht sie veganen Schweinebraten mit selbstangebautem Rosenkohl und selbstgestampftem Katoffelpüree. Zum Nachtisch gibt es zucker- und glutenfreien Hirsepudding mit extra viel Schokolade, aber dafür ohne tierische Produkte.

So kauft die perfekte Frau ein:

Auf dem Heimweg von der Arbeit geht sie im bio-veganen Unverpacktladen einkaufen und trägt den Wocheneinkauf leichtfüßig im selbstgeflochtenen Einkaufskorb nach Hause. Nur die Kartoffeln für das Püree am Abend stammen aus dem Hofladen von Bio-Bauer Knolle.

Ihr Erziehungsstil:

Sie ist große Verfechterin des bedürfnisorientiert-autoritären Erziehungsstils. Dabei werden die Kinder äußerst streng und ohne Mitspracherecht erzogen, damit sie ihr nicht auf der Nase herumtanzen. Aber gleichzeitig auch mit viel Liebe und Empathie, damit ihre Bedürnisse im Vordergrund stehen können.

Die perfekte Frau in der Ehe:

Neben Arbeit, Haushalt und Kindererziehung opfert sie sich für ihren (so viel härter arbeitenden) Ehemann auf und liest ihm jeden Wunsch von den Lippen ab. Sie stellt ihre Bedürfnisse völlig zurück, während sie aber gleichzeitig völlig emanzipiert ihren eigenen Interessen nachgeht.

Ihr Äußeres:

Selbstverständlich ist die perfekte Frau immer topgestylt. Vom Scheitel bis zur Zehenspitze sitzt alles. Die Haare sind immer frisch gewaschen und geföhnt – Bad Hair Days kennt sie nicht. Sie ist adrett gekleidet, eine gute Mischung aus funktional und chic, für die Männer auch gerne ein bisschen sexy. Weiße Blusen bleiben bei ihr weiß, auch nach einer Spaghettischlacht (ähnlich wie bei Superhelden und Geheimagenten, die auch immer unverletzt dem Kugelhagel entkommen). Sie kann auch auf Absätzen ab 9 cm wunderbar gehen und sie könnte ihrem Kind elegant damit hinterherrennen, wenn es mit dem Laufrad zu weit voraus gefahren wäre. Aber dank der autoritär-bedürfnisorientierten Erziehung passiert das ja nicht.

Wie das geht?

Ihr fragt euch, wie das gehen soll? Ich sage es euch: Nämlich gar nicht!!! Entweder Vollzeitjob ODER nachmittags zu Hause mit den Kindern, entweder bedürfnisorientiert ODER autoritär, entweder emanzipiert ODER dem Manne unterworfen. Entweder Spaghettischlacht ODER weiße Bluse, entweder Schweinebraten ODER vegan!

Mach dein Ding, du bist die perfekte Frau!

Von der modernen Frau wird aber erwartet, dass es kein ODER gibt, sondern nur ein UND. Da das nicht geht, sind wir zum Scheitern verurteilt. Also macht wie ihr denkt, irgendjemand hat immer was auszusetzen und ich habe keine Lust, mich in irgendwelche gesellschaftlichen, völlig utopischen Vorstellungen pressen zu lassen! Also, mache alles so, wie du es für richtig hältst. Du bist die perfekte Frau, auch ohne diesen unerreichbaren Erwartungen gerecht zu werden. Du bist perfekt! Nicht, weil du bioveganen Schweinebraten kochen kannst, sondern weil du du bist!!!

16 Kommentare

  • Dr. Annette Pitzer

    Ich liebe Spuren von Ironie, da darf es gern auch mal etwas mehr als eine Spur sein. Der Selbstoptimierungswahn hat unsere Gesellschaft im Griff. Manchmal denke ich, dass wir Frauen da noch empfänglicher sind. Sei Du selbst, dann bist Du genau richtig für die Welt.
    Alles Liebe
    Annette

    • fraufreigeist

      Ironie ist bei mir ja öfters mal zu finden ;). Ja, dieser Wahn ist schlimm, deshalb war es mir wichtig, mal ein Machtwort zu sprechen und alle Frauen zu ermutigen und zu bestärken!

  • Steffi

    Hallo,

    also ich nehme dann lieber die Spaghettischlacht, ich bin in keiner Weise perfekt aber ich bin ich das zu lernen dafür habe ich eine weile gebraucht aber so kann ich mich im Spiegel betrachten und verstelle mich nicht.
    Eine Mischung aus allem und damit muss der Mann klar kommen.
    Ich habe auf einem langen Weg lernen müssen das ich so wie ich bin gut bin.
    Danke für den tollen Beitrag.

    Gruß Steffi

    • fraufreigeist

      Ja, es ist nicht einfach, sich einzugestehen, dass man gut so ist, wie man ist. Vor allem, wenn die Gesellschaft einem immer das Gegenteil weismachen möchte. Schön, dass du es geschafft hast!

  • Bea

    Hahaha, Spuren von Ironie?? Der Beitrag trieft geradezu! Und ist von daher total nach meinem Geschmack! Ganz großartig geschrieben, ich feier Dich und Deinen Schreibstil gerade und yessss, Girl! Wir sind alle Wonder Women!

    You made my day! Danke für mein Lachen, denn ich hab das echt gebraucht.

    Lieben Gruß, Bea.

  • Miriam

    Ich hatte dieses Streben nach Perfektionismus auch sehr lange – und in meiner Therapie kam ich irgendwann einmal an den Punkt, dass ich selbst mit niemandem befreundet sein wollte, der perfekt ist – weil ich mich ja immer schlecht fühlen würde. Seither sehe ich das etwas entspannter – wenn auch noch nicht ganz so. Danke für deinen Artikel, der sehr zum Nachdenken anregt 🙂

  • Jana

    An der Stelle mit dem veganen Schweinebraten musste ich am meisten schmunzeln! Aber auch so, niemand kann so perfekt sein! Ich musste mein Kind auch oft bei Oma und Opa parken, weil ich erst nach der Abendbrotszeit Feierabend hatte! Da war leider nichts mit Kind bespaßen am Nachmittag, denn ohne Mann musste ich das Geld allein nach Hause bringen 🙂

    Liebe Grüße
    Jana

  • Avaganza

    Was ist schon perfekt? … zu jeder Zeit ist es ein anderes „Rolemodel“ dem wir folgen. Die Gesellschaft gibt ein Idealbild vor und alle versuchen dieses zu erreichen. Derzeit müssten Frauen toll aussehen, immer gut gelaunt sein, die Mutterrolle perfekt ausfüllen, nebenbei Karriere machen und den Haushalt schupfen. Ach … ich bin in einem Alter in dem man sich schon entspannt zurücklehnt und gewissen Idealen nicht mehr nacheifert.

    lg
    Verena

  • Eileen

    Mega!! Ich musste echt schmunzeln und dachte mir, klar das Bild wirkt super aber leider sieht die Realität anders aus. Leben und leben lassen. Jeder macht es auf seine Art richtig und sich – wie du auch schreibst – in irgendetwas hineinpressen zu lassen, ist einfach der komplett falsche Ansatz. Da muss dann dringend das Selbstwertgefühl gestärkt werden. Ich bin für mehr solcher Beiträge 🙂

    Viele Grüße Eileen von http://www.eileens-good-vibes.de

  • Busymamawio

    Ich finde ja, dass Perfektion im Auge des Betrachters liegt. Viele der Aspekte, die Du bei perfekter Mama aufführst, hat für mich damit nämlich nichts zu tun – denn ob sie nun vegan ist oder umweltfreundlich hat nichts mit ihren Qualitäten als Mutter zu tun.
    Und da sind wir auf dem Punkt: perfekt ist jede Mama, solange die Kinder eine schöne Kindheit haben dürfen.
    Viele Grüße
    Wioleta

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