Kinderfrei – Das Deutschland der Zukunft
Vorsicht: Satirischer Beitrag zur angehenden Kinderdiskriminierung in Deutschland („Kinderfrei“)
Wir schreiben das Jahr 2028 (Deutschland wird kinderfrei):
Meine Familie und ich befinden uns im Urlaub auf einer der schönen Ostseeinseln. Glücklicherweise haben wir noch eine Ferienwohnung gefunden, in der Kinder erlaubt sind. Gar nicht so einfach heutzutage. An einen Hotelbesuch mit Kindern in Deutschland ist gar nicht mehr zu denken. Fast 90 % der Hotels sind inzwischen kinderfrei. Die anderen 10 % für junge Familien unbezahlbar (wegen des Kinder- und Versicherungsaufpreises).
Der Restaurantbesuch
Heute wollen wir gerne mittags mal Essen gehen, weil immer selber Kochen im Urlaub für mich auch kein Urlaub ist. Das ist inzwischen aber auch nicht mehr so einfach. Wir haben das letzte kinderfreundliche Restaurant auf der ganzen Insel herausgesucht. Doch leider ist es völlig überfüllt. Wir kriegen keinen Platz mehr. Schweinbar waren wir wohl nicht die Einzigen mit der Idee MIT unseren Kindern zu essen.
Wohl oder übel müssen wir also ein normales Lokal besuchen. Normal heißt kinderfrei. Also genauergesagt erst ab 14 Jahren. Unsere Kinder sind beide noch nicht alt genug. Wir setzen sie also auf die „Kinderbank“ vor dem Haus, wo immerhin Leitungswasser zur Selbstbedienung bereitsteht. Direkt neben den angeleinten Hunden mit ihren Näpfen. Mein Mann besorgt noch Currywurst vom Kiosk nebenan für die Kinder und wir versprechen, uns zu beeilen. Dann gehen wir rein.
Innen herrscht eine ruhige Atmosphäre – fast gespenstisch. Alles ist hochordentlich und blitzt vor Sauberkeit – eigentlich steril. Es sitzen lauter Erwachsene an den Tischen, die ihr Essen genießen – alle schweigend. Die Teenies ab 14 Jahren sitzen vor ihren Smartphones oder Tablets mit Kopfhörern in den Ohren daneben – ruhiggestellt.
Die Bedienung kommt und beäugt uns misstrauisch von oben bis unten. Man sieht uns wohl an, dass wir Eltern sind. Aus meiner Hosentasche spitzt der Zipfel eines kleinen Kuscheltieres hervor. Und mein Mann hat vergessen, die lilafarbene Haarspange von seinem Hemdkragen zu entfernen. Ein Überbleibsel vom morgendlichen Frisörspiel mit der Kleinen. Trotzdem bestehen wir den prüfenden Blick und bekommen die Speisekarte.
Der Rauswurf
Nur exklusive Gerichte sind darauf zu finden. Wir entscheiden uns für zwei der „einfacheren“ Mahlzeiten, in der Hoffnung, dass es schnell geht. Schließlich warten unsere Kinder alleine vor der Haustüre auf uns. Das Essen kommt zum Glück schnell und wir fangen an. Am Nebentisch lacht plötzlich ein 14- oder 15-jähriger Junge laut auf (wohl ein lustiges Handyvideo geschaut). Sofort kommt die Bedienung angestochen und komplementiert den „Störenfried“ nach draußen. Betreten essen wir auf und zahlen. Wir können es nicht erwarten hier rauszukommen. Aus der angeblichen „Wohlfühl-Atmosphäre“ ohne Kindergeschrei – eben kinderfrei.
Draußen sitzen die Große, die Kleine und der Junge, der eben rausgeflogen war auf der Kinderbank und unterhalten sich lachend über das verhängnisvolle Handyvideo. Zum Glück lachen sie nicht zu laut, sonst wären sie womöglich auch noch von der Kinderbank geflogen…
In der Eisdiele
Als Entschädigung, dass die Kinder auf uns warten mussten, soll es nun noch in eine Eisdiele gehen. Natürlich können wir uns nicht reinsetzen, auch die Eisdiele ist kinderfrei. Aber gnädigerweise dürfen wir uns alle (sogar die Kinder) ein Eis zum Mitnehmen aussuchen. Wir setzen uns dazu auf eine entlegene Bank am Ende der Strandpromenade, damit sich niemand gestört fühlt.
Am Strand
Danach spazieren wir noch eine Weile am Strand entlang, d.h. an den für Kinder erlaubten Strandabschnitten. Auch das ist inzwischen streng geregelt. Strandkörbe werden an Familien mit Kindern kaum noch vermietet. Zu groß die Angst der Betreiber vor Beschädigung durch diese. Und rumliegende Strandspielsachen, lästige Sandburgen und am Wasser planschende Kinder sind sowieso unerwünscht.
Sperrstunde – Abends kinderfrei
Abendbrot essen wir nach den heutigen Erfahrungen lieber in der Ferienwohnung. Danach geht mein Mann mit den Kindern nochmal ein bisschen Federballspielen vor dem Haus. Lange ist nicht mehr Zeit. Gleich beginnt die Sperrstunde für Kinder. Ab 20 Uhr müssen sich Kinder unter 10 Jahren in den Häusern aufhalten. Damit die Straßen ab dem Zeitpunkt auch kinderfrei sind. Wenigstens die Kleine muss also bald rein. Bei Kindern bis 14 Jahren beginnt die Ausgangssperre um 22 Uhr. Erst neulich wurde ich vom Ordnungsamt mit der Kleinen um 20:10 Uhr auf der Straße erwischt, weil wir etwas zu spät von Freunden nach Hause gelaufen sind… 10 Euro Strafe musste ich löhnen.
Armes Deutschland…
Wenn ihr noch eine Erfahrung aus dem echten Leben lesen wollt, dann schaut mal bei Viola auf ihrem Blog Mama-und-Co in ihren Blogpost „Kinderwagen raus„.
16 Kommentare
Dr. Annette Pitzer
Wie kommt es, dass Du diese Satire geschrieben hast? Machst Du so kinderfeindliche Erfahrungen wirklich?
Alles Liebe
Annette
fraufreigeist
Zum Teil habe ich schon kinderunfreundliche Erfahrungen vieler Art gemacht. Manches wird ja auch in den Medien berichtet (Kinderfreies Cafes/ Restaurants, Stillgegner etc.). In meinen Augen gibt es eine deutliche Tendenz, dass Kinder zwar als süß betrachtet werden, aber schnell vergessen wird, dass Kinder eben auch mal laut sind oder nicht immer „funktionieren“. Und dann ist es plötzlich vorbei mit dem Verständnis. Es gibt auch Länder, in denen Kinder noch mehr Kinder sein dürfen und als wichtiger Teil der Gesellschaft angesehen werden.
Christiane
Manche Sachen sind wirklich war und ich habe selber auch schon Sachen erlebt in einem Restaurant Thema stillen, finde das hast du ganz gut geschrieben. LG chrissi
fraufreigeist
Ich habe jetzt schon einige traurige Geschichten zum Thema gehört. Schade, dass auch du das erleben musstest!
Jana
Ich arbeite viel mit Kindern und sehe da so viele unterschiedliche Charaktere. Ich würde das nicht missen wollen, nicht im Hotel, nicht im Restaurant … und diese Stillgegner sind ja mal sowas von hinterwäldlerisch 🙂
Liebe Grüße
Jana
fraufreigeist
Du sagst es!
Busymamawio
Ich finde diesen satirischen Beitrag gar nicht so weit hergeholt! Inzwischen ist es mit Kindern schon genauso schwer, eine Wohnung zu finden, wie mit Haustieren. Viele Vermieter möchten nämlich keine Kinder im Haus. Und das nur um ein Beispiel zu nennen!
Viele Grüße
Wioleta
fraufreigeist
Ja, es wird nicht leichter… Wirklich schade!
Mo
Hey,
deinen satirischen Beitrag finde ich persönlich klasse. Es ist doch schon heute manchmal so, dass dir ins Gesicht gesagt wird, Kinder sind so toll. Und kaum hat man sich umgedreht, werden die Augen gerollt und es wird geflüstert, dass das Kind völlig überzogen ist. Und das nur, weil es eben mal eine eigene Meinung laut kundgetan hat.
Liebe Grüße,
Mo
fraufreigeist
Ja, so habe ich das leider auch schon häufig erlebt…
Viola
Oh ja, das passt zu meinen persönlichen Erfahrungen- leider! Verlinke ich direkt in meinem Beitrag!
Liebe Grüße
Viola
fraufreigeist
Super, ich verlinke deinen Artikel gerne auch als Beispiel für persönliche Erfahrungen.
Ariane
Hallo, deine Satire ist ein gespenstisches Bild suf eine Zukunft, die wir uns ganz sicher nicht wünschen. Wo Kinder sind ist Lachen, Weinen, Unordnung, Lieben, also Leben. Um nichts in der Welt möchte ich das missen. Wir Frauen sollen bitte Nachwuchs bekommen (irgendjemand muss ja die Rente bezshken), aber dann sollen wir bitte sofort wieder zu Arbeit gehen, um nicht als Schmarotzer dazustehen, die nicht arbeiten und auch noch (wie können sie es wagen) beitragsfrei in der Familienversicherung mitversichert zu sein. Also an die Arbeit, Sozialabgaben zahlen und die Kleinen in die Krippe. Sollen die sich doch mit den Bälgern abgeben, die haben das schließlich gelernt. Da überkommt uns Frauen mit Verstand ein leichtes Gruseln. Lässt uns aufhören einander zu kritisieren. Nur gemeinsam sind wir stark. Wir brauchen die Kinder, sie sind unsere Zukunft. Das gibt uns Müttern und Vätern eine gute Position. Wir müssen die nur nutzen. Mütter der Welt organisiert euch. Widersetzt euch dem Diktat, dass euch die Politiker und Medien suggerieren. Ihr leistet Enormes und das muss wieder wertgeschätzt werden.
Danke fürs den guten Artikel.
fraufreigeist
Vielen Dank für das tolle Feedback! Ja, ich finde auch, dass einiges verkehrt läuft und die Familien, Kinder und Mütter wieder viel mehr Wertschätzung und Achtung verdient hätten!
Ellen
Letze Woche wurde ich als unfähige und hilflose Mutter beschimpft. Mein Kind hat im Supermarkt geschrien und ich habe sie nicht sofort rausgeschleppt. Es sei unmöglich wie ich das Kind denn so schreien lassen kann, da kriegen die Kassiererinnen doch Kopfschmerzen.
Ich habe mich bei dem Mann für die Unterstützung und den Tipp bedankt.
Kinder sind nur wilkommen, wenn sie leise sind.
fraufreigeist
So eine Unverschämtheit. Aber sehr schlagfertig reagiert!